BALLETT

Es gibt Sachen, die zwar nicht alle können, aber viele.

Aber es gibt etwas, das nicht viele können, sondern alle.

Nämlich Filme machen, in Filmen mitspielen und Filme sehen.

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Sasha Pepelyaev's Kinetic Theatre aus Moskau

Mit "Zerstörer der Unordnungen" hat Sasha Pepelyaev versucht, die Prinzipien und Ideen seiner Arbeit weiterzuentwickeln: bewußter Minimalismus der Bewegung und der Struktur des Stückes. Choreographie heißt für ihn in erster Linie die Freisetzung der Individualität der beteiligten TänzerInnen.

"Wenn zeitgenössischer Tanz versucht, davon zu erzählen, wie schrecklich das Leben ist, kann das furchtbar sein - schlechte Choreographie auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Pepelyaev, ein moderner russischer Choreograph ohne jegliches Interesse an Ballett, arbeitet jenseits aller choreographischen Einflüsse aus dem Westen und entgeht damit in 'Violators of Disorders' auf brillante, rauhe und ausgelassene Weise dieser Gefahr." (The Daily Telegraph, 11.11.1998)

Die "Contemporary Dance School" wurde 1996 mit über hundert SchülerInnen zwischen 9 und 30 Jahren gegründet.

Choreographie und Regie
Sasha Pepelyaev

Erofeev, Venedikt

DIE REISE NACH PETUSCHKI

MOSKVA—PETUSKI

(russ.; U: Die Reise nach Petuschki). Roman von Venedikt Erofeev, erschienen 1973. – Schon bald nach seinem Entstehen (1969) den populärsten, durch den Samizdat verbreiteten Werken russischer Untergrundliteratur zugerechnet, 1973 in der israelischen Zeitschrift ›Ami‹ vorabgedrückt, erschien der Roman in Buchform zuerst in franzosischer Übersetzung. Er entwirft ein groteskes Bild der sozial und seelisch verwahrlosten sowjetischen Welt, die gänzlich im Alkoholismus versunken ist. Erzahlt wird aus der Perspektive eines betrunkenen, mit dem Autor namensgleichen und biographisch weitgehend Übereinstimmenden Helden. Mit seinem Weg zum Bahnhof beginnt am frühen Morgen die Handlung und spannt sich sodann in den Rahmen einer Zugfahrt zwischen den gegensätzlich semantisierten Titelorten. Moskau stellt den realen, durch die Sowjetwirklichkeit verdüsterten Erlebensraum dar, dessen topographischen und symbolischen Mittelpunkt der Kreml bildet. Dem entgegen steht der Idealraum und das Reiseziel Petuski, wo die Geliebte und der kleine Sohn Venedikts leben, »wo die Vogel nicht aufhören zu singen . . ., wo sommers wie winters der Jasmin nicht verblüht. Die Erbsunde. . . tangiert dort niemanden. Sogar die, die wochenlang nicht nüchtern werden, behalten dort ihren klaren, unergründlichen Blick«.

Die Reiseerlebnisse des Helden spiegeln eine mit diesem Paradies stark kontrastierende Realwelt. Die das russische Volk repräsentierenden Passagiere bilden eine stumpfsinnige, von Trunksucht beherrschte Gemeinschaft ohne Hoffnung und Menschenwürde. Ihre unterwegs erzahlten Geschichten ergänzen, zusammen mit Ruckblenden in Venedikts Leben als Hilfsarbeiter, die karikierende Darstellung der sowjetischen Gesellschaft: Hier gleicht die zwischenmenschliche Harmonie dem kollektiven Alkoholismus und eine ausgeprägte Individualität den eigentümlichen Trinkgewohnheiten.

Die in der Obhut von Engeln angetretene Reise, die Venedikts Fluchtversuch aus diesem moralisch und kulturell verödeten Alltag symbolisiert, wird mehr und mehr zur tragischen Irrfahrt. Kurz vor dem Ziel bricht eine apokalyptische Finsternis herein, alle Passagiere verschwinden, und unheilvolle Erscheinungen verhöhnen und misshandeln den Helden – darunter ein zum Sprung aus der Eisenbahn einladender Satan, eine verstümmelte Sphinx, die Petuski für Menschen unzugänglich erklärt, sowie eine Horde Erinnyen, die durch den plötzlich in Richtung Moskau donnernden Zug rasen. Verwirrt und verzweifelt findet sich Venedikt mitten in der Hauptstadt wieder. Vor dem Kreml, den er nie zuvor gesehen hatte, wird er von vier Männern blutig zusammengeschlagen und schließlich in einem Treppenhaus, in dem er Zuflucht sucht, umgebracht.

Die Unmöglichkeit, Petuski – den einzigen Ort aller sonst untergegangenen Werte – zu erreichen, der barbarische Mord am unschuldigen Helden und das Verhangniesprinzip, dem das Geschehen insgesamt unterliegt, machen auf der Ebene der außeren Handlung Erofeevs Verzweifeln an der sowjetischen Wirklichkeit sichtbar. Dennoch tritt diese Ebene hinter der Schilderung inneren Vorgang zurück, die sich in Venedikts Empfindungs- und Gedankenwelt abspielen. Das vom Trinkrausch getrübte Bewußtsein des Perspektivtragers motiviert namlich die erzahltechnischen und stilistischen Mittel, mit denen der Autor in vorwiegend sarkastischer Manier seine bitter-luziden Erkenntnisse über die Heimat ausdruckt. Wie ein Zerrspiegel reflektiert die überreizte Wahrnehmung des Helden die Deformation von Mensch und Gesellschaft; zudem verhöhnen seine Ansichten alle in der Sowjetunion geltenden Werte. So erhebt er z. B. die Trunksucht – eines der akutesten sozialen Probleme – zum würdigsten Gegenstand wissenschaftlicher und philosophischer Betrachtung, preist sie als Kunst und als einzig wahren Lebensinhalt an. Auch das groteske Vermengen des Realen mit dem Irrealen lasst sich auf Wahnerlebnisse zurückfuhren, die zum Säuferwahnsinn gehören, ferner begründet die alkoholbedingte Gefuhlsverwirrung Venedikts hyperbolische Ausdrucksweise sowie seine extremen, plötzlich umschwingenden Affektzustande.

Neben der Satire und der Groteske wendet Erofeev als weiteres Stilmittel des Hohns die Parodie an. Die in Moskva-Petuski reichlich anklingenden Erzeugnisse westeuropäischer und russischer Literatur sowie der sog. sowjetischen »Antikultur« (Propagandareden, Parteislogans u. a.) werden auf ihrem Weg durch Venedikts Bewußtseinsstrom umgestaltet oder, wie auch Ereignisse aus der Weltgeschichte bzw. aus berühmten Biographien, abwegig gedeutet. Andererseits huldigt der Autor literarischen Vorbildern; auf das bedeutendste – Gogols Roman „Mertvye duschi“ – verweist der (aus der zweiten Ausgabe von Moskva – Petuski gestrichene) Untertitel Poem wie auch die Verwendung einer Reise als Erzahlgerust. Dieses Kompositionsprinzip knüpft zugleich an eine Tradition an, die mit Sternes Roman A Sentimental Journey through France and Italy begründet und in Russland von Radiscev (Putesestvie iz Peterburga v Moskvu) aufgegriffen wurde. Mit der zunehmend tragischen Handlungsentwicklung vermindern sich literarische Nachklange, wahrend mythologisch-religiose Reminiszenzen in den Vordergrund rucken. In den letzten Romankapiteln stellen schließlich dicht auftretende neutestamentliche Motive eine deutliche Analogie zwischen Venedikts Tod und dem Opfertod Christi her.

O. Sz.

 

Dort, wo sommers wie winters der Jasmin nicht verbluht. 

Das Buch, das Poem, das Theaterstück

Der Ich-Erzähler und Trinker Wenedikt Jerofejew besteigt am Morgen in Moskau den Vorortzug nach Petuschki, wo ihn, wie jeden Freitag, seine Geliebte erwartet. Heute will er ihr jedoch einen Heiratsantrag machen. Die Reise wird zur Sauftour: Wenedikt trinkt, die Mitreisenden trinken, der Schaffner trinkt und von Station zu Station und von Wodkaflasche zu Wodkaflasche werden die Unterhaltungen mit den Mitreisenden und seine Monologe aberwitziger und absurder. Petuschki steht nicht nur für ein konkretes Reiseziel, es ist auch Projektionsfläche für alle seine Hoffnungen, das zum Paradies auf Erden stilisiert wird. Schließlich senkt sich apokalyptische Dunkelheit auf ihn herab, monströse und surrealistische Gestalten begegnen ihm, bis er schließlich am Ausgangspunkt seiner Reise angekommen, festellen muß, daß er den Ort seiner Hoffnungen nie erreichen wird.
Die Erzählung entstand im Herbst 1969 und verbreitete sich zunächst nur durch illegale Vervielfältigung und private Weitergabe. In Israel wurde sie 1973 erstmals (auf russisch) publiziert und avancierte in der Sowjetunion schon bald zum Klassiker der Untergrundliteratur.
Hier erschien sie offiziell erst nach der Perestroika 1988.

Auf dem Vorplatz des Kursker Bahnhofs, wo die "Reise nach Petuschki" ihren Anfang nimmt, wurde ihm ein Denkmal errichtet.

 

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